Es gibt Neuigkeiten in der Welt der Mikrobiologie! Ein Team von Forschenden des Leibniz-Instituts DSMZ-Deutsche Sammlung von Mikroorganismen und Zellkulturen GmbH und der Technischen Universität Braunschweig in Zusammenarbeit mit der Universität Wien und der University of Wisconsin, USA, haben entdeckt, dass die Biodiversität umweltrelevanter Mikroorganismen in der Natur weitaus größer ist als bisher angenommen – und zwar um das 4,5-fache.

Mikroorganismen, die in unserer Umwelt eine Schlüsselrolle spielen, werden häufig übersehen, obwohl sie zahlreiche klimarelevante Prozesse beeinflussen. So setzen Sulfat-reduzierende Mikroorganismen beispielsweise ein Drittel des organischen Kohlenstoffs in marinen Sedimenten zu Kohlendioxid um, wobei toxischer Schwefelwasserstoff entsteht. Dieser wird wiederum von schwefeloxidierenden Mikroorganismen als Energiequelle genutzt und unschädlich gemacht. Diese Prozesse sind essenziell für die Aufrechterhaltung des ökologischen Gleichgewichts in Gewässern, Mooren und sogar im menschlichen Darm. In einer Studie konnte der Stoffwechsel eines der neuartigen Mikroorganismen näher beleuchtet werden und brachte eine bisher unerreichte Multifunktionalität zutage.

Eine Erkenntnis der Studie ist die erstaunliche Vielfalt an Mikroorganismen, die den Schwefelkreislauf, der eng mit dem Kohlenstoff- und Stickstoffkreislauf verbunden ist, steuern. Bisher wurde angenommen, dass sich die Artenvielfalt der Sulfat-reduzierenden Mikroorganismen, die den Kreislauf im Gleichgewicht halten, über sechs Phyla (Stämme) erstrecken. Die Studienergebnisse zeigen nun, dass es mindestens 27 verschiedene Phyla gibt. Einen Vertreter dieser neuartigen „Sulfatreduzierer“ konnten die Forschenden dem wenig erforschten Bakterien-Phylum der Acidobakterien zuordnen und in einem Bioreaktor untersuchen.

Dabei konnten sie nachweisen, dass diese Bakterienart in der Lage ist, sowohl aus der Sulfatreduktion als auch aus der Atmung mit Sauerstoff Energie zu ziehen, was bisher als unvereinbar galt. Zudem können sie komplexe pflanzliche Kohlenhydrate abbauen – ein Prozess, der bisher als koordinierte Anstrengung mehrerer Mikroorganismen angesehen wurde.

Diese Entdeckung wirft nicht nur einen neuen Blick auf die Mikrobiologie, sondern hat auch Auswirkungen auf unser Verständnis von Umweltprozessen und ihrer Verbindung zu klimarelevanten Vorgängen. Das Verständnis dieser neuen Erkenntnisse ist entscheidend, da sie direkte Auswirkungen auf den Kohlenstoff- und Schwefelkreislauf haben, die wiederum mit klimarelevanten Prozessen verknüpft sind. Ein ausgewogenes Verhältnis dieser Kreisläufe ist entscheidend für die Erhaltung unserer Ökosysteme und ihrer Funktionen. Diese Entdeckung eröffnet auch neue Möglichkeiten für die Forschung im Bereich Umweltschutz und nachhaltige Energiegewinnung.

Weitere Einzelheiten und vertiefende Informationen finden Sie in der offiziellen Pressemitteilung. 

(Quelle: Leibniz-Institut DSMZ und Technische Universität Braunschweig)