Normalerweise ist eine Infektion mit dem Pilz Aspergillus fumigatus schwer zu bekämpfen, da sich der Pilz mit einem Biofilm schützen kann. In einer Studie konnte ein Forschungsteam vom Institut für Klinische Biochemie der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) nun mithilfe eines Medikaments aus der Krebs-Chemotherapie die Bildung eines solchen Biofilms verhindern.

Bei immungeschwächten Menschen kann der Pilz Aspergillus fumigatus in die Lunge eindringen und eine Aspergillose auslösen – eine Infektion, die besonders schwer zu behandeln ist. Das Problem mit Aspergillus fumigatus: Es handelt sich um einen weit verbreiteten Pilz, der überall in der Umwelt vorkommt. Sein Biofilm wirkt wie ein Kleber, mit dessen Hilfe er sich im Gewebe festzusetzen und sich gleichzeitig vor Angriffen durch das Immunsystem – speziell gegen Antimykotika – schützen kann. „Einer der Hauptbestandteile dieses Biofilms ist ein Zuckermolekül, das der Pilz selbst herstellt und dann nach außen in seine unmittelbare Umgebung transportiert“, erklärt Professorin Dr. Françoise Routier vom Institut für Klinische Biochemie.

Als sogenannter opportunistischer Pilz nutzt Aspergillus fumigatus das geschwächte Immunsystem eines Menschen aus und kann dadurch Auslöser unterschiedlich schwerer Krankheiten sein – von Allergien bis zu tödlichen Mykosen. Die Infektion beginnt in der Lunge, kann sich jedoch über die Blutbahn in Gehirn, Herz, Leber und Nieren ausbreiten und betrifft jedes Jahr mehr als 300.000 Menschen.

Ein Zuckermolekül ist entscheidend

Nur mithilfe des Biofilms kann sich der Pilz an das menschliche Gewebe binden und so die schweren Verläufe auslösen. Entscheidend hierfür ist ein Zuckermolekül, das der Pilz produziert und an seine unmittelbare Umgebung abgibt. Dort wird es mithilfe des Enzyms Deacetylase Agd3 chemisch verändert, sodass der Pilz sich einnisten kann.

Mithilfe biotechnologischer Veränderungen konnte das Forschungsteam der MHH nachweisen, dass der Pilz ohne das Enzym keinen Biofilm mehr bildet. Auf der Suche nach bereits zugelassenen Wirkstoffen, die genau diese Agd3-Aktivität hemmen, stießen die Forschenden mittels In-silico-Screening auf das Medikament Imatinib, das in der Chemotherapie bei Krebspatienten zum Einsatz kommt.

In Zellkulturen zeigte sich, dass Imatinib den Aspergillus-Biofilm deutlich verringern kann. Auch Untersuchungen an Larven des Schmetterlings „Galleria mellonella“ bestätigten diese Wirkung. Die Raupen der Großen Wachsmotte dienen der Forschung als Modellorganismus für die Untersuchung von Biofilmen, die von Mikroorganismen wie etwa Pilzen oder auch Bakterien verursacht werden. Dazu infizierten die Forschenden die Larven mit Aspergillus. Durch Behandlung mit dem Chemotherapeutikum starben weniger der infizierten Raupen.

Chemische Veränderung vor dem Einsatz am Menschen nötig

Zwar zerstört Imatinib die Schutzschicht der Pilzkolonie, wirkt aber als Chemotherapeutikum auch als Zellgift. Bevor der Wirkstoff also bei der Bekämpfung von Aspergillus fumigatus beim Menschen zum Einsatz kommen kann, muss die zytotoxische Wirkung entfernt werden, ohne dass die Agd3-Hemmwirkung verloren geht. Erst dann könnte der Wirkstoff bei der Behandlung des Pilzes zum Einsatz kommen und das Problem der zunehmenden Resistenzen gegen die eingesetzten Antimykotika zumindest abschwächen, so die Hoffnung der Forscherinnen und Forscher.

Das Forschungsteam um Professorin Dr. Françoise Routier vom Institut für Klinische Biochemie der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) hat die Studie mit Unterstützung durch den Exzellenzcluster RESIST durchgeführt und in der Fachzeitschrift International Journal of Molecular Sciences veröffentlicht.

 

(Quelle: Medizinische Hochschule Hannover, Bild: Center for Disease Control and Prevention, Public Health Image Library)