Die weltweit einzige klinische Studie, in deren Rahmen Patientinnen und Patienten mit einer Herzschwäche künstliches Herzgewebe implantiert wurde, mit dem Ziel, den Herzmuskel dauerhaft zu stärken, hat den ersten wichtigen Meilenstein erreicht: die Ermittlung der maximalen sicheren Höchstdosis.

Weltweit sind etwa 60 Millionen Menschen von Herzschwäche oder Herzinsuffizienz betroffen. 20 Prozent der Patienten sterben innerhalb eines Jahres, 50 Prozent innerhalb von 5 Jahren. Trotz der Fortschritte bei pharmakologischen und interventionellen Herzinsuffizienz-Therapien. Neuartige Behandlungsoptionen für die Reparatur oder Regeneration des Herzens sind daher von enormer Wichtigkeit, um das Therapiespektrum erweitern.

Einen Meilenstein konnte jetzt die klinische Studie BioVAT-HF-DZHK20 erzielen. Diese überprüft seit Anfang 2021 erstmals im Menschen, ob künstliches Herzgewebe den Herzmuskel von Patientinnen und Patienten mit schwerer Herzschwäche dauerhaft durch Wiederaufbau von Herzmuskelgewebe stärken kann. In der ersten Phase der Studie zur Dosisfindung lag der Schwerpunkt darauf, Machbarkeit und Sicherheit der Methode zu prüfen, langfristig wird eine Zulassung von künstlichem Herzgewebe als Arzneimittel für neuartige Therapien angestrebt.

Höchste Dosis von Herzpflastern ermittelt

Das für die Behandlung benötigte Gewebe wurde aus induzierten-pluripotenten Stammzellen in Reinräumen der Universitätsmedizin Göttingen unter der Leitung der Transfusionsmedizin hergestellt und als sogenanntes Herzpflaster auf den erkrankten Herzmuskel aufgenäht. Insgesamt wurden in der Phase der Dosisfindung sechs Milliarden aus pluripotenten Stammzellen abgeleitete Herzzellen implantiert.

Bei zehn Patientinnen und Patienten konnte nun die Ermittlung der maximalen sicheren Höchstdosis abgeschlossen werden. In zwei Fällen wurden Herzpflaster aus 200 Millionen Zellen eingesetzt, weitere zwei erhielten Implantate aus 400 Millionen und sechs Patientinnen und Patienten wurden Herzpflaster aus 800 Millionen Zellen implantiert. Damit wurde die höchste Dosis gemäß Studienprotokoll erreicht und die erste Phase der Studie abgeschlossen. Um Erkenntnisse zur Wirksamkeit der Herzpflaster zu erhalten, sollen im weiteren Verlauf als Proof-of-Concept-Studie insgesamt 35 Patienten eine Behandlung mit künstlichem Herzgewebe aus 800 Millionen Herzzellen erhalten. Eine erste Zwischenauswertung erwarten die Verantwortlichen für die zweite Jahreshälfte 2024 – bis dahin sollen insgesamt 15 Patientinnen und Patienten Herzpflaster mit einer Dosis von 800 Millionen Zellen erhalten.

Eine Erfolgsgeschichte

Die Studie BioVAT-HF-DZHK20 wird federführend an der Universitätsmedizin Göttingen unter der wissenschaftlichen Leitung von Prof. Dr. Wolfram Hubertus Zimmermann, Institut für Pharmakologie und Toxikologie der UMG und Sprecher des DZHK-Standorts Göttingen, sowie unter der klinischen Leitung von Prof. Dr. Tim Seidler, Klinik für Kardiologie und Pneumologie der UMG, durchgeführt. Beteiligt sind neben klinischen Partnern aus der Universitätsmedizin Göttingen unter anderem die Klinik für Herz- und thorakale Gefäßchirurgie des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein (UKSH), Campus Lübeck.

Der Studie geht eine 25-jährige präklinische Entwicklung voraus. Die letzten Entwicklungsschritte vor dem klinischen Einsatz wurden vom Deutschen Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK) im Rahmen seiner translationalen Strategie unterstützt. Die Herstellung der künstlichen Herzgewebe für die Anwendung in BioVAT-HF wird von dem Göttinger Biotechnologieunternehmen Repairon GmbH kofinanziert.

 

(Quelle: Gemeinsame Presseinformation Universitätsmedizin Göttingen; Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Lübeck; Deutsches Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung/ Bild Header: jesse orrico/Unsplash)